Das 49-Euro Deutschlandticket in der steuerlichen Einzelbetrachtung

Der Nachfolger des 9-Euro-Tickets steht fest, denn der Bund und Länder haben sich nach zähen Verhandlungen im Rahmen des milliardenschweren Energiekrise Entlastungspakets abschließend auf die Finanzierung des 49-Euro Deutschlandtickets geeinigt. Das 49-Euro-Ticket soll laut Bund und Ländern bis zum Ende des ersten Quartals 2023 eingeführt werden. Mit dem 49-Euro Deutschlandticket können dann Alle in Deutschland mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) günstig quer durchs Land reisen können. Das 49-Euro Deutschlandticket ist insbesondere für Pendler:innen attraktiv, die den Weg zur Arbeit mit Bus und Bahn zurücklegen und bisher deutlich höhere monatliche Kosten hatten.

Was ist nun aus arbeitsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht für Arbeitnehmer:innen und Unternehmen, die beste Wahl? Kann der Arbeitgeber bspw. seinen Fahrtkostenzuschuss einfach so an das 49-Euro Deutschlandticket anpassen? Wie sieht es mit der Privatnutzung aus? Wenn der Arbeitgeber das Ticket übernimmt, bleibt dieses für die Arbeitnehmer:innen steuerfrei?

Versteuerung durch den Arbeitnehmer – Pendlerpauschale

Erwerben Arbeitnehmer:innen ihr 49-Euro Deutschlandticket selbst, dann bezahlen sie es steuerlich gesehen aus ihrem Netto-Einkommen (nach Abzug von Steuern und Abgaben). Um die sog. Pendlerpauschale geltend zu machen, müssen Arbeitnehmer:innen erstmal eine Steuererklärung abgegeben. Dabei zählt die Pendlerpauschale zu den Werbungskosten und diese wird im Abgrenzung zum Fahrtkostenzuschuss des Arbeitgebers nicht vom Finanzamt ausgezahlt. Arbeitnehmer:innen verringern vielmehr das zu versteuernde Einkommen und erhalten eine Rückzahlung auf die bereits bezahlte Lohnsteuer.

Aber gerade Arbeitnehmer:innen, die weniger als den Steuerfreibetrag verdienen und keine Lohnsteuer bezahlt haben, erhalten überhaupt keine Erstattung und fallen somit durch das Raster. Sie würden nur bei einem Fahrtkostenzuschuss des Arbeitgebers profitieren. Arbeitnehmer:innen die dagegen Lohnsteuer bezahlt haben,  können in der Einkommenssteuererklärung in Abhängigkeit der Entfernung zwischen Arbeits- und Wohnort bei Überschreiten der Werbungskostenpauschale von 1.200 Euro die Entfernungspauschale steuerlich geltend machen. Die Höhe der steuerlichen Entlastung hängt vom individuellen Grenzsteuersatz ab.

Wird das 49-Euro Deutschlandticket als Firmen- bzw. Jobticket vom Arbeitgeber übernommen, schlägt das komplizierte deutsche Steuerrecht zu, zusätzlich noch verschärft durch die Regelungen zur Entfernungspauschale.

Versteuerung durch den Arbeitgeber – Fahrtkostenzuschuss

Ob Arbeitgeber den Fahrtkostenzuschuss zum 49-Euro Deutschlandticket überhaupt versteuern müssen, ist derzeit noch unklar. Analysiert man die Regel für das 9-Euro-Ticket aus 2022 sowie allgemeingültige steuerrechtliche Grundlagen, lässt sich die Tendenz zur Steuerfreiheit ableiten. Nach geltendem Steuerrecht sind Zuschüsse von Fahrten mit dem ÖPNV zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte, zu einem weiträumigen Arbeitsgebiet oder zu einem vom Arbeitgeber dauerhaft festgelegten Sammelpunkt steuerfrei, nicht aber Zuschüsse für Fernpendler. Das 49-Euro Deutschlandticket bezieht sich nur auf den ÖPNV und fällt unter die Steuerfreiheit. Dies hatte das Bundesministeriums für Finanzen im Sommer 2022 ebenso erklärt.

Existiert bereits eine Regelung zum Fahrtkostenzuschuss im Unternehmen kann es zudem kompliziert werden, Denn dann muss die Anpassung des Zuschusses im Einzelfall mit Arbeitnehmer:innen abgesprochen werden. Dies ist auch der Fall, wenn Fahrtkostenzuschüsse im Arbeitsvertrag als Vergütungsbestandteil gewährt wurden. Dann bedarf es grundsätzlich die Zustimmung der Arbeitnehmer:innen im Rahmen einer schriftlichen Vereinbarung.

Variante 1: Das 49-Euro Deutschlandticket wird Arbeitnehmer:innen zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt (individuelle Zulage oder Betriebsvereinbarung):  

Wird das 49-Euro Deutschlandticket als Arbeitgeberleistung zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt, ist es seit 2019 nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei (und abgabenfrei). Das gilt aber nur für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Alle Fahrten, die nicht zum öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gehören, sind dann eben nicht steuerfrei (vgl. BMF, Schreiben v. 15.8.2019, IV C 5-S 2342/19/10007:001). Dazu zählen:

  • Fernzüge der Deutschen Bahn (ICE, IC, EC),
  • Fernbusse sowie
  • vergleichbare Hochgeschwindigkeits- und Fernzüge.

Variante 2: Das 49-Euro Deutschlandticket wird Arbeitnehmer:innen als Lohnerhöhung gewährt:

Bei dieser Variante hängt die Höhe der steuerlichen Entlastung vom individuellen Grenzsteuersatz ab. Je höher der individuelle Steuersatz ist, desto mehr sparen Arbeitnehmer:innen ein, da der Arbeitgeber prinzipiell die Arbeitgeber-Anteile zur Sozial- und Rentenversicherung trägt. Das 49-Euro Deutschlandticket wird dann um bis zu 50% günstiger und der Arbeitgeber spart sich ebenso die AG-Anteile zur Sozial- und Rentenversicherung. Ein Wermutstropfen für Arbeitnehmer:innen bleibt, denn der Zuschuss für das 49-Euro Deutschlandticket wird auf der Jahressteuerbescheinigung der Arbeitnehmer:innen ausgewiesen und ggf. von der angesetzten Entfernungspauschale abgezogen. Bei Arbeitnehmer:innen mit größeren Entfernungen, die tatsächlich die Entfernungspauschale ansetzen können (sprich: die über die Werbungskostenpauschale von 1.200 Euro kommen), relativiert sich der Steuervorteil, der Vorteil hinsichtlich der eingesparten Sozial- und Rentenversicherung Abgaben bleibt aber.

Variante 3: Gehaltsumwandlung

Mit Wirkung zum 01.01.2020 wurde für Arbeitgeber über §40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 EstG die Option zur Gehaltsumwandlung für ein Fahrticket geschaffen. Im Ergebnis gilt dann dasselbe wie bei Variante zwei hinsichtlich der insgesamt eingesparten Sozial- und Rentenversicherung Abgaben. Steuerlich wird es jedoch komplizierter, da eine pauschale Lohnsteuer in Höhe von 15% oder 25% fällig ist. Es gibt die Wahl zwischen:

  • Pauschalversteuerung mit 15% Lohnsteuer: Der Arbeitgeber trägt die Aufwendungen auf der Jahreslohnsteuerbescheinigung der Arbeitnehmer:innen ein und es erfolgt eine Anrechnung auf die Entfernungspauschale der Arbeitnehmer:innen.
  • Pauschalversteuerung mit 25% Lohnsteuer: Die Anrechnung des Fahrtkostenzuschusses auf die Entfernungspauschale der Arbeitnehmer:innen entfällt. Es erfolgt keine Eintragung des Fahrtkostenzuschusses in der Jahreslohnsteuerbescheinigung.

Prinzipiell kann die Pauschalversteuerung zudem vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer:innen getragen werden.

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Generell stellen Fahrtkostenzuschüsse ein attraktives Instrument im Gehaltspaket gerade bei den unteren Lohngruppen (Mindestlohn), Minijobbern und Azubis dar. Damit kann der Arbeitgeber für Arbeitnehmer:innen, die einen relativ langen Arbeitsweg haben, einen kleinen finanziellen Ausgleich schaffen. Sowohl aus Arbeitgeber- als auch aus Arbeitnehmer:innen Sicht kann mit vergleichsweise geringen Mitteln ein höheres Netto erzielt werden. Dabei drücken Arbeitgeber die Personalnebenkosten des Fahrtkostenzuschusses von rund 21% auf nur noch knapp über 15%. Und Arbeitnehmer:innen erzielen im Vergleich zur Pendlerpauschale höhere Beträge, die zudem schneller verfügbar sind, ohne dass bspw. erst am Jahresende eine Steuererklärung abgegeben werden muss.